Lerntipps für Dein Studium
Die Tagesplanung eines Medizinstudenten ist oft schon vorbestimmt: lernen, lernen und wieder lernen. Ich weiß noch zu genau, wie ich in meiner Studentenzeit stundenlang in der Bibliothek hockte und mir schon der Kopf glühte vom Versuch, mir hunderte Fachbegriffe zu Anatomie, Biochemie und Co zu merken. Denn egal ob Physikum, Hammerexamen oder gewöhnliche Klausuren, irgendwas steht doch immer an. Frei nach Fritz Walter: Nach der Prüfung ist vor der Prüfung!
Als fleißiger Student ist Dir das ständige Gelerne wahrscheinlich auch nichts Neues. Klar, man muss angesichts jeder Prüfung (zu) viel Stoff in kurzer Zeit verinnerlichen. Dir ist aber sicherlich auch bewusst, dass Du gleichzeitig sehr viel Zeit einsparen kannst, wenn Du effektiv lernst. Mit der richtigen Lernstrategie schaffst Du es, mehr Lernthemen abzuschließen und findest dabei noch genug Zeit für andere wichtige Bestandteile deines Lebens, wie zum Beispiel Freunde, Familie und Freizeitaktivitäten. Denn das Leben besteht nicht nur aus Lernen!
Daher möchte ich Dir nun ein paar Tipps mit auf den Weg geben, wie ich am besten gelernt habe. Vielleicht kennst Du den ein oder anderen schon, vielleicht findest Du hier aber auch einige Ratschläge, die Du beim zukünftigen Lernen übernehmen möchtest.
Tipp 1: Jeder lernt anders
Ja, das mag jetzt etwas unpräzise klingen, aber es ist wirklich wahr. Jeder Mensch entwickelt im Laufe der Zeit seine eigene Art, zu lernen. Während manche sich die Themen und Inhalte am effizientesten früh am Morgen merken können, fangen manche lieber erst nachmittags an und lernen dafür bis spät in die Nacht. Ähnlich sieht es auch mit dem Lernort aus. Ich musste mich zum Lernen immer alleine in die Bibliothek setzen, da mich zu Hause zu viele Sachen ablenkten: Da waren zum Beispiel meine Mitbewohner, unangemeldete Telefonanrufe oder ganz einfach der verlockende Fernseher in meinem Zimmer. Von anderen Kommilitonen habe ich aber auch erfahren, dass diese nicht in der Bibliothek sein können. Andere wiederum lernen viel besser in der Gruppe als alleine. Du wirst wahrscheinlich schon gemerkt haben, was für Dich selbst die beste Methode ist, um zu lernen. Wenn nicht, kann ich Dir nur raten einfach alles auszuprobieren. Du wirst schnell merken, wie Du am besten lernen kannst!
Tipp 2: Der richtige Arbeitsplatz
Bevor es losgeht, solltest Du nicht nur Deinen Kopf, sondern auch Deinen Arbeitsplatz
aufs Lernen einstellen. Auf oder an dem Schreibtisch sollte es keine unnötigen
Gegenstände geben, die Dich vom Lernen abhalten können. Ich weiß, beim Lernen
sucht man fast schon nach Gründen, eine kurze Pause einzulegen. Da kann sogar
ein einfaches Bild auf dem Schreibtisch als Ablenkung dienen. Wie gesagt habe
ich die Erfahrung gemacht, dass ich am besten in der Bibliothek lernen kann,
unter anderem, weil es ein neutraler Ort ist, an dem mich keine persönlichen
Dinge ablenken können. Der Vorteil der Bibliothek ist auch noch, dass man getrennte
Bereiche für Arbeit und Freizeit hat: Man fährt in die Bibliothek, um zu lernen,
wie andere zur täglichen Arbeit fahren. Und wenn man fertig ist und zu Hause
ankommt, hat man wieder Zeit für sich und wird nicht ständig ans Lernen erinnert,
weil die Bücher nicht im Zimmer, sondern im Spind der Bibliothek liegen.
Falls Du aber doch lieber zu Hause lernst, solltest Du dafür sorgen, dass alle
Sachen, die Du gerade nicht zum Lernen brauchst, vom Schreibtisch geräumt werden.
So kann das Lernen optimal beginnen!
Tipp 3: Trenne Wichtiges von Unwichtigem!
Als Medizinstudent steht man oft vor dem Problem, in viel zu kurzer Zeit Unmengen an Inhalten aufnehmen und verinnerlichen zu müssen. Nimm Dir da aber nicht zu viel vor. Das frustriert nur! Es ist unmöglich, mit der Einstellung zu lernen, dass du alle Themen mitsamt Informationen draufhaben musst. Verschaffe Dir also erst einmal einen Überblick und trenne relevante von weniger relevanten Themen. Was dabei hilft, ist sich beim Kreuzen anzuschauen, welche Themen besonders häufig abgefragt werden und welche weniger. Mit den wichtigeren Themen fängst Du dann natürlich an und je nachdem, wie viel Zeit Dir am Ende noch bleibt, widmest Du Dich mehr oder weniger den „unwichtigeren“ Themen. So sparst Du nicht nur Zeit beim Lernen, sondern strukturierst die Flut von Informationen in Deinem Kopf. Für das Physikum und das Examen werden im Internet übrigens Lernpläne angeboten, die schon nach Relevanz gewichtet wurden. Diese sind zum Teil sogar kostenlos! Auf der Seite vom Thieme-Verlag findest Du beispielsweise solch einen vorgefertigten Lernplan für das Physikum: Thieme Physikum Lernplaner.
Tipp 4: Zeitmanagement
Kommen wir nun zum wahrscheinlich wichtigsten Punkt, dem Zeitmanagement. Wenn
man so viel zu lernen hat, ist es besonders wichtig, sich zu organisieren. Mache
Dir also am besten einen Plan vom ersten bis zum letztem Lerntag. In diesem
notierst Du Dir dann, was Du an welchem Tag lernen möchtest. Sonst stehst Du
womöglich eine Woche vor der Prüfung vor dem Problem, dass Du noch zu viele
wichtige Themen ausgelassen hast und Du das niemals alles geschafft bekommst.
In Deinem Plan vermerkst Du Dir am besten auch, welche beruflichen oder privaten
Verpflichtungen (z.B. Seminare, Nebenjob, anstehende Geburtstage, Hausputz, etc.)
Du hast. Vergiss dabei auch nicht, Erholungsphasen mit einzuplanen! Du magst
jetzt vielleicht schmunzeln, aber es ist wichtig, dass Du Dir 1-2 Tage in der
Woche „freinimmst“ und mal vom Lernen abschaltest. So lädst Du Deine Kräfte
auf und steigst am nächsten Tag wieder mit voller Motivation ins Lernen ein!
Glaub mir, Ruhetage wirken leistungssteigernd!
Apropos Zeitpläne, ich habe
Dir ja schon von den vorgefertigten Zeitplänen für Physikum und Examen erzählt.
Du kannst Dir diese ja im Internet anschauen und gucken, ob Du Sie komplett
oder teilweise übernehmen möchtest, oder deren Struktur als Vorlage benutzen
willst. Ansonsten hast Du im Internet auch die Möglichkeit, Dir Deinen individuellen
Lernplan herzustellen. Schau dafür zum Beispiel mal auf der Seite von Medi-Learn nach: Medi-Learn Lernplaner.
Wenn Du nun Deinen Zeitplan fertiggestellt hast, rate ich dir, auch Deinen Tagesablauf zu organisieren. Am Tag hat man meistens mehr zu erledigen als das bloße Lernen. So muss man beispielsweise einkaufen gehen oder eine Vorlesung besuchen. Erstelle Dir am besten eine „To-Do-Liste“, in der Du alles einträgst, was Du an einem Tag zu tun hast. Das Lernen an sich sollte übrigens eine Dauer von 6-8 Stunden nicht überschreiten, ansonsten lässt die Konzentration nach und man ist ohnehin nicht mehr dazu fähig, Informationen aufzunehmen. In den Lernphasen darfst Du auch nicht vergessen, dass Du Pausen mit einplanen musst. Diese sind sehr wichtig, denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass konzentriertes Lernen nur 45 Minuten am Stück möglich ist. Danach setzt die Konzentration aus und Du solltest eine Pause von 10 bis 15 Minuten einlegen. Nach etwa 3 Stunden kannst Du Dir dann auch mal eine längere Pause gönnen. Die Pausen helfen dem Gehirn, sich zu erholen. Zudem ist es besser, von vornherein Ruhephasen einzuplanen, als dass man später aus einem unerwarteten Grund - wie z.B. einem wichtigen Telefonat oder plötzlicher Kopfschmerzen - Zwangspausen einlegen muss.
Tipp 5: Motivation und Konzentration gewinnen
Besonders effektiv lernt man, wenn man das Ganze voll konzentriert und mit Motivation angeht. Doch das klingt leichter, als es tatsächlich ist. Denn wer hat schon ständig Motivation, zum Lernen? Hier fünf kurze Tipps, die mir immer gut geholfen haben:
1. Viel schlafen!
Neben den Ruhepausen hilft Dir auch der Schlaf beim Lernen! So komisch es erst klingen mag, aber durch genug Schlaf ruhst Du Dich aus und kannst am nächsten Tag konzentrierter und motivierter anfangen. Außerdem ist es wissenschaftlich belegt, dass ausreichend Schlaf dabei hilft, die Gedächtnisinhalte zu verfestigen. Es ist also wahr: Man lernt im Schlaf! Ich persönlich habe als Student sogar meine Lernstrategie danach ausgerichtet. Nachmittags habe ich neue Themen und Inhalte gelernt und erst am nächsten Morgen durch das Kreuzen überprüft, wie viel ich mir davon gemerkt hatte. Das Kreuzen am nächsten Morgen ist zudem eine gute Wiederholung, die das Gehirn beim Lernen unterstützt.
2. Belohn Dich auch mal!
Es macht wohl jeden Menschen glücklich, alles erreicht zu haben, was man sich für den Tag vorgenommen hatte. Da kann man sich dann auch Belohnungen gönnen, wie beispielsweise einen netten Abend mit Freunden in der Kneipe oder einfach einen Schokoriegel. So kommt man gleich viel motivierter beim Lernen voran!
3. Die Mischung macht's!
Beim Lernen an sich ist Abwechslung besonders wichtig für die Konzentration und die Einprägung von Lerninhalten. Du solltest Dich nicht länger als drei Stunden am Stück mit dem gleichen Thema befassen, vor allem dann nicht, wenn es um das Erlernen neuer Inhalte geht, was ja bekanntermaßen am meisten Konzentration fordert. Ich rate Dir daher, nachdem Du Dich etwa drei Stunden mit dem gleichen Lernstoff auseinandergesetzt hast, mit etwas Neuem anzufangen.
4. Verstehe, was Du lernst!
Ich habe von meinen Kommilitonen oft mitbekommen, dass sie beim Lernen versucht haben, alle Fachbegriffe auswendig zu lernen. Manche haben sich sogar von Anfang an den Multiple-Choice Fragen zugewendet und wollten sich lediglich merken, welches Kreuz man bei welcher Frage machen muss. Diese Lernmethode halte ich für wenig sinnvoll. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man viel besser lernt, wenn man auch die ganzen Vorgänge verstanden hat. Die Fachbegriffe kommen dann fast wie von alleine. Außerdem wirst Du spätestens als Arzt merken, dass das bloße Auswendiglernen von Fachbegriffen Dir nichts bringt. Wichtig ist, dass Du weißt, was im Körper Deines Patienten vor sich geht! Schließlich lernen wir in der Medizin nicht für die Uni, sondern für das Leben unserer Patienten.
5. Mach Sport!
Abgesehen davon, dass es für den Körper gesund ist und jeder Mensch sportlich aktiv sein sollte (das weißt Du ja als Medizinstudent sowieso schon), ist Sport eine gute Abwechslung zum ständigen Rumsitzen, macht den Kopf klar und ist ein optimaler Stresskiller. Ich habe zum Beispiel versucht, dass Notwendige mit dem nützlichen zu verbinden und bin jeden Tag mit dem Fahrrad zur Bibliothek gefahren. Und wenn man sich dann noch mit Freunden zum Fußballspielen trifft, pflegt man außerdem noch ein paar soziale Kontakte.
Zu guter Letzt möchte ich Dir noch folgendes erklären: Es gibt zig Bücher und
Abhandlungen, in denen anhand von komplizierten Theorien und Studien besagt
wird, wie man am besten lernen sollte. Ich bin allerdings der Meinung, dass
es die „ideale“ Lernmethode nicht gibt.
Beim Lernen ist vor allem ein gutes Zeitmanagement, eine sinnvolle Gewichtung
von Lerninhalten, Disziplin und Motivation gefragt. Wie Du das genau machst,
musst Du für Dich selbst herausfinden. Die Tipps, die ich Dir gegeben habe,
basieren auf meiner persönlichen Erfahrung aus dem Studium und dem Austausch
mit Kommilitonen. Probiere sie einfach aus und schau, ob sie für Dich in Frage
kommen.
Und auch wenn das hier alles so vorbildlich klingt, muss ich ganz ehrlich sagen: "Ich habe mich auch nicht immer daran gehalten!"
Viel Erfolg beim Lernen wünscht
Dein Dr. Felix Findig