Videokurs: Grundlagen

Die Grundlagen kurz erklärt

Bevor man anfängt zu Knoten und zu Nähen, sollte man erst einmal wissen womit das überhaupt geht. Das heißt, Du musst Dich entscheiden können, welchen Faden Du verwenden willst. Und da hat die Industrie eine große Auswahl für Dich parat gelegt. Doch auch ohne die genauen Bezeichnungen des Herstellers zu kennen, kannst Du Dich an einigen Dingen, die auf jeder Packung zu finden sind, orientieren.

Das Material (die Resorbierbarkeit)

Beim Material gibt es zwei große Gruppen. Es gibt entweder Fäden, die vom Körper aufgenommen (resorbiert) werden oder nicht. Bei dem Material der „resorbierbaren“ Fäden handelt es sich um Glycolsäure- oder Milchsäure-Ketten. Und was schon so essbar klingt, ist für die Makrophagen in Deinem Körper eine schmackhafte Mahlzeit. Und jetzt wird auch klar, dass sich die Fäden eben nicht einfach auflösen, sondern so von Deinem Körper „verdaut“ werden. Ein Faden also, der aus der Haut heraus schaut, wird sich daher auch nicht „auflösen“ und jetzt verstehst Du auch, dass man damit nur innerhalb des Körpers näht. Die „nicht resorbierbaren“ Fäden hingegen bestehen aus Kunststoffen wie Polyamid oder Polypropylen. Daraus werden also nicht nur Jogurtbecher gemacht, die ja auch nicht verrotten können.

Feinstruktur

Wenn Du Dir dann die Fäden aus der Nähe anschaust, dann wirst Du feststellen, dass es einige gibt, die ganz glatt sind. Diese bestehen nur aus einer (mono) Faser (Filament), sind also „monofil“. Andere hingegen sind geflochten, wie Dein Schnürsenkel und bestehen aus mehreren (poly) Fasern. Das sind „polyfile“ Fäden. Klingt komisch – iss aber so!

Stärke
Fadenkabinett
Wer die Wahl hat, hat die Qual!

Und schließlich ist auch die Dicke des Fadens sehr wichtig. Hier hatte die Industrie in Ihren Anfängen das amerikanische USP-System (United States Pharmacopeia) eingeführt und dem dünnsten Faden die Stärke 0 (0,35 mm) gegeben. Alle dickeren Fäden wurden dann einfach durchnummeriert, wobei der Unterschied zwischen 0 und 1 nicht der gleiche war wie zwischen 1 und 2. Die Abstände sind etwas willkürlich und da haben die Europäer (versucht) das metrische System einzuführen. Hier entspricht die Einheit 1 einem Zehntel Millimeter (1/10 mm). 0,1 sind hier also 0,010 mm und 10 entspricht einem Millimeter. Da die Ärzte im Allgemeinen, und die Chirurgen im Besonderen, sehr traditionell sind, hat sich dieses System nicht so richtig durchgesetzt und wir sind auch in Europa bei dem USP-System geblieben, weshalb die große Zahl auf der Fadenpackung auch heute noch die Fadenstärke nach diesem System zeigt.

Doch mit dem medizinischen und technischen Fortschritten wurden schließlich Fäden produziert, die dünner als die Fadenstärke „0“ sind und jetzt hatte man ein Problem: Wie sollte man diese Fadenstärke bezeichnen? Schließlich fügte man einfach vor der Null noch eine Zahl ein und bezeichnete nun die Fäden mit „1 mal 0“, „2 mal 0“ und so weiter. Geschrieben wird das dann „1-0“, „2-0“, wobei der Faden umso feiner ist, je größer die Zahl vor der „0“ ist. „3-0“ ist beispielsweise eine gute Stärke für eine Hautnaht. Dabei solltest Du immer versuchen, den für Deine Naht dünnsten Faden zu verwenden.

Wichtige Eigenschaften und Einsatzgebiete

Um jetzt noch den richtigen Faden auszuwählen musst Du noch ein paar Eigenschaften der Fäden kennen lernen, die wichtig sind für Deine Entscheidung.

Die Vorteile von geflochtenen Fäden sind, dass sie sehr geschmeidig sind, sich dadurch gut knoten lassen und durch die unebene Oberfläche sich dieser Faden ineinander verzahnt. Wer schon mal versucht hat einen Schnürsenkelknoten zu lösen, der fest gezogen wurde, weiß, was ich meine. Die unebene Oberfläche führt aber auch dazu, dass diese Fäden wie Bandsägen wirken, wenn man sie durch empfindliches Gewebe zieht und dadurch das Einstichloch vergrößern oder sogar durch das Gewebe schneiden können. Gleichzeitig wirken sie durch Kapillarkräfte wie ein Docht und können Gewebsflüssigkeit von innen nach außen transportieren, wenn man sie für eine Hautnaht einsetzt. Auf dem selben Weg können dann auch Bakterien in den Körper „gesogen“ werden und die Wunde infizieren. Für Hautnähte sollte man daher lieber monofile Fäden verwenden.

Die Vorteile der geflochtenen Fäden sind die Nachteile der ungeflochtenen Fäden. Diese sind nicht so einfach zu knoten und die Knoten können sich leichter lösen, weil die Oberfläche so glatt ist. Das bedeutet, dass man diese Fäden häufiger knoten muss. Während geflochtene Fäden nur dreimal geknotet werden müssen, muss man die monofilen Fäden mindestens fünfmal knoten. Dünne Fäden sogar noch häufiger. In diesem Fall zählt man einfach drei zu der Zahl vor der Null hinzu. Ein monofiler Faden der Stärke „4-0“ muss also mindestens (4+3) siebenmal geknotet werden.

Technik und Kraft beim Knoten

Doch bei aller Theorie ist das Wichtigste immer noch die Art und Weise wie Du knotest. In den folgenden Videos zeige ich Dir zwei verschiedene Knotentechniken. Und egal, ob Du ihn „Weber“-, „Weiber“- oder „Schiffer“-Knoten nennst – es kommt am Ende der Knoten heraus, den Du schon seit dem Kindergarten in Deine Schnürsenkel machst. Wenn Du aber ein bisschen Übung hast, dann wirst Du diesen Knoten schneller knoten als jemals zuvor und außerdem noch die volle Kontrolle über den genauen Verlauf des Fadens im Knoten haben. Dabei gibt es eine Grundregel: Knote immer im Wechsel! Entweder wechselst Du dabei die Seite und bleibst bei einer Knotentechnik oder Du wechselst die Technik, knotest aber immer nur mit der rechten oder linken Hand. Das ist deshalb wichtig, weil Du so garantiert einen Knoten bildest, der sich wirklich optimal ineinander verzahnt und fest wird.

Jetzt musst Du nur noch die Kraft richtig dosieren, denn Du nähst schließlich lebendes Gewebe. Wenn Du zu locker knotest, dann wird eine Platzwunde beispielsweise weiter bluten. Und nähst Du Darm zu feste aneinander, so dass dieser schon blasse Stellen hat, die nicht mehr durchblutet werden, dann werden sich hier Nekrosen bilden und Deine schöne Naht wird ein paar Tage später wieder aufplatzen.

Viel Spaß beim Üben!

Dein Dr. Felix Findig