Deine (Alb-)Traum Doktorarbeit
Wenn man zu meiner Studienzeit die Stimmung auf einer Party von jemandem mal so richtig herunterziehen wollte,
dann hat man einfach gefragt:
„Na, wie läuft es denn mit deiner Doktorarbeit?“
Auch bei mir lief nicht alles rund, doch ich hatte es immerhin geschafft, mit dem Gröbsten noch
während des Studiums fertig zu werden. Und konnte dann in den ersten Monaten meiner Berufstätigkeit die Prüfung bzw.
Verteidigung, auch Rigurosum genannt, ablegen. Was ich dabei und bei der Beobachtung meiner anderen Kollegen gelernt
habe, will ich Dir hier mal in ein paar kurzen Tipps schildern, damit Du es von Anfang an leichter hast.
„An apple a day keeps the doctor away!
Keine Ahnung, wie das jetzt zu verstehen ist!“
1. Das richtige Thema finden
Wenn Du nicht gerade selber eine blendende Idee hast, was man mal erforschen könnte, dann gibt es in der Uni und direkt
bei den Instituten Aushänge zu Doktorarbeiten, die man bei einem Prof. machen kann. Vielleicht kannst Du einen Deiner
Professoren auch ganz gut leiden. Dann frage nach der Vorlesung doch einfach, ob er vielleicht noch einen Doktoranden sucht.
Prinzipiell wird immer zwischen einer „experimentellen“ Arbeit und einer „nicht experimentellen“ Arbeit unterschieden. Bei
der experimentellen Arbeit sitzt man aber auch nicht immer im Labor und experimentiert, es kann auch eine Arbeit sein, bei
der man die entsprechenden Daten durch ein „Experiment“ noch erheben muss.
Und das geht auch durch eine Umfrage oder ähnliches.
Solche Arbeiten sind dementsprechend mit einem höheren Arbeitsaufwand verbunden, werden dann häufig aber auch mit einer
besseren Note gewürdigt. Ein „magna cum laude“ (mit großem Lob, entspricht der Note „sehr gut“) ist dann schon drin und
ein „cum laude“ („gut“) fast garantiert. Wer ein „summa cum laude“ (mit höchstem Lob, „sehr gut plus“) anstrebt, der kommt
um eine experimentelle Arbeit nicht herum. Allerdings kann ich euch aus Erfahrung sagen, das im späteren Berufsleben selten
nach der Promotionsnote gefragt wird.
Bei einer „nicht experimentellen“ Doktorarbeit liegen schon Untersuchungsergebnisse vor. Diese können „Abfall“ einer
anderen experimentellen Arbeit gewesen sein oder lassen sich durch Recherche in irgendwelchen Akten erheben. Hier kommt
dann der berühmte „Waschkorb“ an Unterlagen aus dem Archiv zum Einsatz.
Klingt trocken - Experimente können aber auch
sehr trocken werden, wenn man sie immer und immer wieder wiederholen muss. Dafür kann man eine nicht experimentelle
Doktorarbeit aber auch deutlich schneller erledigen. Häufig erhält man dafür dann allerdings auch nur ein „rite“
(lateinisch für „ausreichend“, entspricht aber eigentlich einem befriedigend). Selbstverständlich hängt auch noch einiges
vom Thema und der Ausarbeitung ab, so dass man durchaus bis zum „magna cum laude“ kommen kann.
Aber viel wichtiger ist es, dass man sich ein Thema sucht, das einen interessiert, da man halt mehrere Monate, wenn nicht
sogar Jahre daran arbeitet.
2. Drum prüfe, wer sich ewig bindet...
Wenn Du nun glaubst, das richtige Thema gefunden zu haben, dann kann ich nur empfehlen, sich im Vorfeld ein paar Infos einzuholen.
Frage Deinen potentiellen „Doktorvater“ bzw. Deine potentielle „Doktormutter“ nach Literatur und ähnlichen Arbeiten,
die Du Dir schon mal ansehen kannst.
Beim Lesen dieser Texte kannst Du besser einschätzen, ob Dich dieses Thema auch
wirklich interessiert. Was anfangs so spannend klang, kann sich nämlich auf den zweiten Blick auch als sehr mühsam herausstellen.
Aber eines sollte Dir klar sein. Du wirst höchstwahrscheinlich noch viel mehr Literatur wälzen müssen und die ist zu allem
Überfluss auch noch häufig in englischer Sprache! Es hilft dann nämlich sehr, wenn man sich für das Thema auch wirklich interessiert.
3. Wann fange ich an?
In der Regel kann man schon ab dem ersten klinischen Semester mit einer Doktorarbeit anfangen. Je eher desto besser. Dann hat man auch gute Chancen, noch vor dem Ende des Studiums auch die Doktorarbeit oder zumindest den größten Teil abzuschließen. Wahrscheinlich hältst Du es nicht für möglich, aber glaube mir, Du wirst nie wieder so viel Zeit für Deine Doktorarbeit übrig haben wie während des Studiums.
Doktorarbeit und Familie
Ich kenne viele Kollegen, die nicht im Studium fertig wurden und dann daran verzweifelt sind, Beruf, Doktorarbeit und Familie
unter einen Hut zu bekommen.
In einigen Universitäten kann man sogar die Prüfung schon während des Studiums ablegen, nur den
Titel darf man erst nach dem letzten Staatsexamen tragen. Wieder andere lassen sogar das Einreichen der Arbeit erst nach dem
Abschluss des Studiums zu. Erkundige Dich, wie es sich an Deiner Universität verhält!
4. Wann höre ich auf?
Wenn man das Ziel kennt, dann ist es viel leichter, seine Doktorarbeit zu vollenden, denn nur so kann man auch seinen Fortschritt an der Arbeit sehen. Daher ist es wichtig, dass man sich zu Beginn seiner Arbeit mit seinem „Doktorvater“ bzw. seiner „Doktormutter“ abspricht, was das Ziel der Arbeit sein soll und in welchem Zeitraum es zu erledigen ist. Klingt einfach, wird aber häufig nicht genau genug gemacht. Dabei sollte das Ziel erreichbar sein.
Natürlich kann das Ziel sein: „Wir wollen ein Mittel gegen Krebs finden!“ Das könnte aber eine sehr langwierige Sache werden.
Besser ist es man definiert Ziele viel konkreter wie zum Beispiel: „Wir wollen Medikament X bei 100 Patienten
mit Dickdarmkrebs einsetzen und beobachten, ob der Tumor innerhalb eines Jahres wächst, schrumpft oder sich nicht
verändert!“ Und an diesen Plan muss man sich dann auch halten, auch wenn man feststellt, das der gewünschte Effekt
nicht eintritt.
Auch ein negatives Ergebnis ist ein Ergebnis, das man als Doktorarbeit veröffentlichen kann und wovon
auch andere Wissenschaftler lernen können. Denn manchmal ist auch wichtig, zu wissen, was nicht funktioniert, auch wenn
das nicht gerade den Ehrgeiz befriedigt, man hätte ein Mittel gegen Krebs gefunden.
Professor und Doktorand
Da neigen übrigens auch mal einige Professoren zu. Ich kenne ein paar Kollegen, da wurde das Ziel bzw. der Versuchsaufbau
während der Arbeit oder kurz vor dem Ende dieser umgestellt und dann waren die Ergebnisse, die zuvor erzielt wurden
plötzlich nichts mehr wert. Damit war dann auch die ganze Zeit, die der Doktorand investiert hatte verloren.
Hier kann ich nur zu einem energischen „Nein“ des Doktoranden raten, sonst wird man dabei noch zum Spielball des Professors.
Sollte Dir so etwas passieren, dann bestehe auf die Absprachen und das Ziel, das ihr am Anfang der Arbeit vereinbart habt.
Für eine neue Versuchsreihe findet sich bestimmt auch ein neuer Doktorand. Und am Ende haben zwei Studenten den Doktortitel!
Viel Durchhaltevermögen wünscht Dir
Dein Dr. Felix Findig